Das Bioraffinerie Konzept

Ein nachhaltiges ökonomisches Wachstum erfordert sichere nachhaltige Rohstoffressourcen für die industrielle Produktion. Der heutige vorherrschende Rohstoff Erdöl ist weder nachhaltig, da endlich, noch umweltfreundlich. Die zukünftige Umstellung ganzer Volkswirtschaften auf biologische Rohstoffe als Wertschöpfungsquelle erfordert ganz neue Ansätze in Forschung und Entwicklung. Zum einem kommen den Biologischen Wissenschaften eine führende Rolle bei der Formierung der Zukunftsindustrien des 21. Jh. zu. Zum anderen müssen neue Wege des Zusammenwirkens der biologischen, physikalischen, chemischen und technischen Wissenschaften erarbeitet und gefunden werden. Und dies im Verbund mit neuen Verkehrstechnologien, Medien- , Informations-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die Entwicklung von Bioraffinerien wird der Schlüssel für den Zugang zu einer integrierten Produktion von Nahrungsmitteln, Futtermitteln, Chemikalien, Werkstoffen, Gebrauchsgütern und Kraftstoffen der Zukunft sein.

Die Mehrzahl der biologischen Rohstoffe werden in der Landwirtschaft, der Waldwirtschaft und durch mikrobielle Systeme produziert. Waldbaupflanzen sind ein hervorragender Rohstoff für die Papier- und Pappenindustrie, der Bauwirtschaft und der chemischen Industrie. Ackerfrüchte bilden einen organisch-chemischen Pool aus welchem Kraft- und Brennstoffe, Chemikalien, Chemieprodukte und Biomaterialien produziert werden können. Organische Abfallbiomassen sowie Biomassen der Natur- und Landschaftspflege sind wertvolle organische Rohstoffreservoire und entsprechend ihrer Zusammensetzung zu nutzen. Viele biobasierende Industrieprodukte sind Ergebnisse einer direkten physikalischen oder chemischen Be- oder Verarbeitung von Biomasse: z.B. Cellulose, Stärke, Öle, Proteine, Lignin und Terpene. Andere werden indirekt aus Kohlenhydraten unter Nutzung von biotechnologischen Verfahren, wie mikrobiellen und enzymatischen Prozessen produziert.

Jede Bioraffinerie raffiniert und konvertiert ihre jeweiligen biologischen Rohstoffe in eine Vielzahl von Wertprodukten. Die Produktpalette einer Bioraffinerie umfasst nicht nur solche Produkte, die in einer Erdölraffinerie hergestellt werden, sondern im besonderen auch solche, die Erdölraffinerien nicht produzieren können.

Einige Beispiele sind:
  1. Fermentations-Feed-stocks [Stärke, Dextrose, Saccharose, Cellulose, Hemicellulose, Melasse, Proteine];
  2. Food-Produkte [Öle, Stärken, Süßstoffe];
  3. Nonfood-Industrieprodukte [Füll- und Dämmmaterialien, Papier und Pappenformate, Textilformate, Klebstoffe und Bindemittel];
  4. Chemische Grund- und Zwischenprodukte [Milchsäure, Essigsäure, Zitronensäure, Bernsteinsäure, Aminosäuren];
  5. Kraft-/Brennstoffe [Ethanol, Aceton, Butanol];
  6. Lösungsmittel [Ethanol, Butanol, Aceton, Ester];
  7. Industrielle Enzyme;
  8. bioabbaubare Polymere [Gummen/Elaste & Plaste].

Sinnvoll ist die Verknüpfung von Stoff- und Energiewandlung. Biomasseenergie, Fermentationsgas (Biogas).

Das Grüne Bioraffinerie Konzept

Als Grüne Bioraffinerie werden komplexe Systeme nachhaltiger, umwelt- und ressourcenschonender Technologien zur umfassenden stofflichen und energetischen Nutzung bzw. Verwertung von nachwachsenden Rohstoffen in Form von Grünen und Abfallbiomassen aus einer im Ziel nachhaltigen regionalen Landnutzung bezeichnet. Grüne Biomassen sind beispielsweise Gras aus einer Bewirtschaftung von Dauergrünland, Stilllegungsflächen, Naturschutzflächen oder grüne Feldfrüchte, wie Luzerne, Klee, unreifes Getreide aus einer extensiven Landbewirtschaftung. Grüne Pflanzen sind eine natürliche Chemie- und Lebensmittelfabrik. Grüne Bioraffinerien sind ebenso wie Bioraffinerien Multiproduktsysteme. Das Modell einer Grünen Bioraffinerie mit möglichen Produkten an einem realen Grüngut-Trockenwerk ist in der Abbildung skizziert.

Bioraffinerie-Design und Prototyp

Eine Bioraffinerie ist letztendlich die Summe eines ökologisch und ökonomisch sinnvollen Zusammenspieles verschiedener Technologien, Produktlinien und Produkten auf Basis eines Biomasse-Rohstoffes oder Rohstoffmixes. Diese sind abhängig und konkurrieren zugleich untereinander. Die Anzahl der Möglichkeiten an verschiedenen Bioraffinerien ist derzeit unerschöpflich. Die potentiellen Typen werden begrenzt durch den naturwissenschaftlich-technischen Wissensstand, den derzeitigen Stand der Technik, der Ökonomie und den ökologischen Ansprüchen. Bei der Entwicklung von Bioraffinerien kann man durchaus von Bioraffinerie-Design sprechen.

Zum einem ist es notwendig, neue Bioraffinerie-Basistechnologien zu entwickeln; zum anderen die heute bekannten Technologien kombinatorisch einzusetzen. Viele Bioraffinerie-Endprodukte werden erst durch eine sinnvolle nachhaltige und ökonomische Kombination verschiedener Prozesse und Methoden (z.B. thermische, mechanische, chemische und biologische Verfahren und Technologien ) herstellbar. Das Entwickeln von tragfähigen Bioraffinerien erfordert ein hochgradig interdisziplinäres Zusammenspiel der verschiedensten Fachdisziplinen in Forschung, Entwicklung und Praxis.

Die Entwicklung mindestens eines ökonomisch tragfähigen “echten” Bioraffinerie-Systems (Prototyp einer Grünen BioRaffinerie Brandenburg) möchten wir mit den Verbünden Bioraffinerie/Grüne Bioraffinerie in nationaler und internationaler Kooperation bewältigen. Haben Sie Interesse, sind Sie herzlich zur Mitarbeit eingeladen.